Jahresvorsätze ade!

Nein, dies ist kein Jahresrückblick. Schließlich habe ich kein Fernsehprogramm in der "staden Zeit" zu füllen und muss nicht zwanghaft etwas Lustiges zum Silvesterknaller-Anzünden auf Papier drucken. Ja, ich gebe es zu: Jahresrückblicke finde ich doof. Oder halt, ich präzisiere: Jahresrückblicke, die ab dem 01. Dezember aus dem Boden, dem Fernseher und der PC-Scheibe schießen, finde ich doof.

Auf Facebook habe ich neulich den Satz gelesen: "An Silvester feiern die Menschen den Tag, an dem sich das Datum ändert. Wann werden wir das Datum feiern, an dem sich die Menschen ändern?" Ziemlich genial, wie ich finde. Denn meine eigene Do-it-yourself-Philosophie sagt mir, dass doch eigentlich an jedem Tag ein neues Jahr beginnt, ja eigentlich sogar in jeder neuen Minute. Ja, ich weiß: Unser Kalender folgt dem Rhythmus der Natur, dem Rhythmus des Universums und damit auch unserem eigenen Rhythmus. Aber wer sagt mir, dass dieser Rhythmus unbedingt der meine sein muss? Ich fühle mich alle Jahre wieder überfordert mit der ganzen "Welche Vorsätze hast du für das neue Jahr"-Nummer. Spätestens am 07.01. - wenn ich aber auch wirklich damit anfangen will - sind sie schon wieder dahin, die guten Vorsätze. Das ist deprimierend. Wie soll ich auch am 31. Dezember wissen, welche Probleme ich am 17. Juni haben werde? Ich plädiere daher für folgende Lösung zum Jahresschluss: Ein Vorsatz für den 01. Januar. Am 01. Januar abends überlege ich mir dann einen neuen Vorsatz für das nächste Jahr (ja ok, den nächsten Tag...) und so weiter bis zum 17. Juni und immer weiter. Ein Vorsatz jeden Tag ist realistisch. Wenn ich mir nicht gerade vornehme, morgen den größten Turm der Welt zu bauen (aber dass man das mal besser bleiben lassen sollte und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, ist ja gemeinhin bekannt...). "Morgen esse ich keine Schokolade" klingt besser und weniger nach großem Berg als "Ich esse im neuen Jahr weniger Schokolade". Auch der Vorsatz des Irgendwann-mehr-Sport-Treibens hat größere Realitätschancen wenn man daraus ein "Morgen Abend nach der Arbeit steige ich in den Bus zum Schwimmbad" macht. Gut, ich verrate jetzt nicht, dass das anstrengender sein kann, als ein Pauschalvorsatz-Abo für 12 Monate. Und weil ich das nicht verrate, sage ich jetzt auch nicht, dass es zwar anstrengender, dafür befriedigender und lohnender ist. Dann können wir nämlich jeden Abend das Datum feiern, an dem wir uns ein ganz kleines bisschen ändern.

 

"Look at the World" von John Rutter gehört zu meinen absoluten Lieblingen, wenn die Laune mal im Keller ist. Denn bei allen guten Vorsätzen, die wir so gerne treffen, um selber besser, schlanker, toller zu werden, vergessen wir doch auch gerne: "All the gifts we share and every blessing, all things come of Thee."